Wo ist deine Gemeinschaft?
Wo ist deine Gemeinschaft?
Im Grunde sind wir Menschen Rudeltiere. Wir fühlen uns nicht sicher allein. Doch viele kennen das Gefühl von Sicherheit leider gar nicht.
Kann man es noch lernen?
Auch du kannst eine Gemeinschaft haben. Alles was du brauchst, sind Menschen, die mit dir echt sein wollen.
Vielleicht sind Beziehungen der Horror für dich. Oder ein unendliches Rätsel. Oder schlicht nicht vorhanden. So bin ich auch gestartet. Und habe Möglichkeiten gefunden.
Vielleicht hast du auch gute Beziehungen und bist trotzdem krank oder in einer Krise. Auch dann kannst du vielleicht noch mehr Tiefe finden, Authentizität, Unterstützung.
Ehrlich gesagt wissen eh die wenigsten Menschen, die man gute Beziehungen führt, nicht einmal die, die so aussehen, als könnten sie es. Aber es gibt Pionierinnen und Mutige, die sich ernsthaft diese Fragen stellen und gute Antworten finden.
Gemeinschaft ist lernbar.
Du kannst hier anfangen.
Beziehungen in einer Gemeinschaft von Lebewesen sind ein tiefes Bedürfnis in allen Menschen. Das Bild von Individualität und das Ideal von Unabhängigkeit, das wir heute in unserer Gesellschaft haben, ist unrealistisch und einseitig.
Wir brauchen andere Menschen, um uns zu spüren, zu erleben und gemeinsam Erfahrungen zu machen. Um uns gegenseitig Bedürfnisse zu erfüllen, zusammen zu leben, zu arbeiten, zu feiern, zu trauern. Ohne Kontakt sind wir nichts.
Im Falle einer psychischen Erkrankung ist die Beziehungsfähigkeit - die sich in unserer Kultur eh noch in einem ausbaufähigen Entwicklungsstadium befindet - meist noch weiter eingeschränkt. Negative, kreisende oder unlogische Gedanken machen es schwer, sich aufeinander zu beziehen. Heftige und schwer nachvollziehbare emotionale Reaktionen verletzen und machen es dem Gegenüber schwer, mitfühlend da zu bleiben. Oftmals bestehen gravierende Probleme im Alltag durch die Symptome der Krankheit und in unserer Verzweiflung wissen wir es nicht besser, als zu erwarten, dass uns jemand rettet. Doch das ist den meisten anderen zu viel und sie ziehen sich zurück, teilweise zu recht.
Doch meine Erfahrung ist auch, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen unter Umständen auch deshalb krank werden, weil sie sensibler sind für Beziehungen. Weil sie viel schneller spüren, dass etwas nicht in Ordnung ist, dass jemand nicht ganz die Wahrheit sagt oder dass der gegenseitige Respekt fehlt. Ich jedenfalls bin sehr gut darin, diese Dinge zu spüren, habe aber nie gelernt, damit sinnvoll umzugehen. Aus einer Ressource wird somit eine Belastung, wenn sie im gegebenen Umfeld nicht zur Geltung kommt.
Diese erhöhte Sensibilität kann dazu führen, dass du an dir zweifelst, obwohl eigentlich du diejenige bist, die eine akkuratere Wahrnehmung der Sitaution hast. Denn ich sage es nochmal: In unserer Kultur sind gesunde Beziehungen nicht die Norm.
Wir halten es für normal, dass die einen Macht ausüben über die anderen. Dass wir uns gegenseitig als emotionalen Mülleimer benutzen. Dass wir uns manipulieren, zwingen, bestrafen selbst in intimste Beziehungen hinein. Dass wir schlecht übereinander reden und das für legitim halten, weil wir ja im “Recht” seien.
All diese Dinge sind vollkommen normal und dennoch hochgradig schmerzhaft und schädlich für Beziehungen. Was gesunde Beziehungen ausmacht ist: Verantwortung zu übnernhemen für die eigenen Gefühle und diese ehrlich mitzuteilen. Die eigenen emotionalen Altlasten bewusst aufzuarbeiten, anstatt immer neues Drama zu stricken. Bedürfnisse für uns selbst anzunehmen und sie ehrlich zu kommunizieren und offen zu lassen, ob sie von anderen erfüllt werden oder nicht. Grenzen zu wahren, die eigenen wie auch die anderer. Sich auf Augenhöhe zu begegnen anstatt Macht ausüben zu wollen oder als Opfer zu manipulieren.
Diese Formen der Beziehung zu leben ist anspruchsvoll und dennoch eine wichtige Bedingung für ein erfülltes Leben. Leider lernen wir sie kaum in der Familie, wenig in der Schule, am Arbeitsplatz, oder in den Medien - vielmehr häufig das Gegenteil.
Wenn du allerdings damit Resonanz hast und jetzt innerlich sagst “jaaa genau danach sehne ich mich”, dann kannst du dich auf den Weg begeben, diese Formen der Beziehung zu lernen, so wie es schon viele andere getan haben. All diese Dinge sind in uns angelegt, wir brauchen nur andere, mit denen wir diese Sehnsucht teilen - und ein paar wichtige Informationen.
Gemeinschaft lernen.
Was ist eine Gemeinschaft?
Eine Gemeinschaft ist eine Gruppe von Menschen, die untereinander durch Beziehungen verbunden sind. Dies kann die Familie sein, ein Freundeskreis oder Menschen, die über bestimmte gemeinsame Interessen verbunden sind. Es kann sehr wohltuend sein, Teil einer oder mehrerer Gemeinschaften zu sein. Die Qualität der Gemeinschaftlichkeit zeichnet sich auch durch die Beziehungskompetenz aus. Du kannst wählen, ob du dich mit Menschen umgeben willst, die dir gut tun oder nicht. Wenn du nicht zufrieden bist mit dem, wie du Gemeinschaft erlebst, dann kann es Zeit sein, sich auf die Suche nach etwas anderem zu begeben. Das kannst du ganz in deinem Tempo machen.
Wie kann ich beziehungsfähig werden?
Die Fähigkeit zu nährenden und respektvollen Beziehungen entwickelt sich im besten Fall in der Kindheit durch gesunde Beziehungen in der Familie. Nun können leider viele Menschen nicht auf diese Erfahrung zurückgreifen. Glücklicherweise ist es möglich, einige der Fähigkeiten auch später noch zu erlernen, da sie in uns angelegt sind. Dies geschieht durch das Verstehen von Zusammenhängen, mehr aber noch durch positive Erfahrungen mit anderen Menschen. Dies kannst in der Psychotherapie oder Begleitung geschehen, durch die Investition in Freundschaften, durch ehrliche Gespräche und Reflexionen. Du kannst dir Anregungen dafür auch in den hier empfohlenen Videos, Onlinekursen und Büchern holen.
Wo finde ich diese Anregungen?
Es gibt zu dem Thema einen Haufen Bücher und Coaches. Ich möchte hier allerdings nur eine empfehlen, die für mich den Kern der Thematik trifft. Das ist Vivian Dittmar, die Bücher schreibt und Kurse anbietet zu den Themen der emotionalen Regulation und dazu, wie wir beziehungsweise werden können. Was du tun kannst, ist ihre Bücher zu lesen, die darin enthaltenen Übungen zu machen, an kostenfreien Übungsangeboten teilehmen oder ihre Onlinekurse zu besuchen. Es gibt auch die Lebensweise Community, in der sich Menschen austauschen, die alle daran sind lebensweise zu werden.
Geht das auch für psychisch Erkrankte?
Wenn dein Wahrnehmen und Fühlen durch die Krankheit noch sehr eingeschränkt oder verzerrt sind, dann ist es wichtig, dass du dich erst einmal darum gezielt kümmerst. Auch kann es hilfreich sein, Gemeinschaft zunächst in einem therapeutischen oder sozialpädagogischen Kontext zu suchen, wie in einer Klinik, Tagesklinik, einer Begegnungsstätte, Wohngruppe oder ähnlichem. Natürlich sind private Kontakte auch sehr wertvoll, aber man kann nicht davon ausgehen, dass man in einem ungewöhnlichen Zustand überall leicht Anschluss findet. Wenn es nicht so gut geht, dann nimm das bitte nicht persönlich. Es ist einfach schwer zu verstehen für Menschen, die es nicht erlebt haben.
Wenn du selbst eine psychische Erkrankung hast, dann würde ich dir empfehlen, langsam vorzugehen. Das heißt, zunächst einmal ein Buch zu lesen oder ein paar Videos auf Youtube anzuschauen. Die Übungen in den Büchern können dir einen ersten Eindruck geben, ob sie dir helfen und ob du schon so weit bist. Die Inhalte sind für Menschen gemacht, die keine Erkrankung haben, daher kann es sein, dass sie zu anspruchsvoll sind oder schwer verständlich. Dann probiere es einfach zu einem anderen Zeitpunkt nochmals, wenn du trotzdem denkst, dass es dich interessiert und gut für dich ist.
Und was gibt es noch?
Daneben gibt es natürlich Selbsthilfegruppen und Organisationen von Betroffenen, die sich vernetzen. Ich kann hier keine bestimmte empfehlen, da ich selbst nie eine näher kennengelernt habe. Ich denke es kann sowohl gut sein, sich in einem Kontext zu bewegen, in dem du mit tendenziell “gesunden” Menschen Kontakt hast, wie auch Kontakt zu suchen zu anderen Menschen mit der Erfahrung von psychischer Erkrankung.
Du kannst einfach einmal im Internet suchen, z.B. mit dem Stichwort deiner Diagnose, der Stadt/Region in der du lebst und dazu “Verein”, “Selsbthilfegruppe” oder “Beratung”. Oftmals hilft es, einfach irgendwo anzufangen, weil man dort dann wieder andere Informationen bekommt.
Und was kann ich jetzt gleich machen?
Was du jetzt direkt tun kannst, ist eine Übung, in der du dein Beziehungsnetzwek aufzeichnest. Wer sind die Menschen in deinem Leben, die für dich am wichtigsten sind? Zeichne auf einem Blatt Papier ein Symbol für dich selbst und ordne alle für dich wichtigen Menschen um dich herum an, je nach dem, wie nah sie dir sind und wie sie untereinander verbunden sind. Hierbei zählt sowohl, wie sehr du sie magst, aber auch welchen Platz sie ganz konkret haben. Das schließt also Familienmitglieder wie auch professionelle Menschen wie Betreuer oder Behandlerinnen mit ein. Also zeichnest du auch Menschen auf, die du nicht magst oder mit denen es schwierig ist, einfach weil sie für dein Leben wichtig sind.
Dann kannst du dazu notieren, wie gut diese Beziehungen für dich sind. Umkreise zum Beispiel alle Menschen in rot, die dir nicht gut tun, in orange, mit denen du in Beziehung sein möchtest trotz dem es manchmal schwierig ist und in grün, welche Beziehungen einfach schön sind.
Außerdem kannst du markieren, ob diese Menschen Familie sind, Freunde oder Menschen, die du über öffentliche Einrichtugnen kennst, wie Lehrer, Ärztinnen oder Betreuerinnen.
Dies kann dir wichtige Aufschlüsse darüber geben, wer da ist und mit wem du bereits in Beziehung bist. Auch kannst du siehen, mit wem du vielleicht gar nicht mehr in Beziehung sein willst und dies Stück für Stück verändern.
Auch kannst du dir die Fragen stellen: Was ist gut an den Beziehungen, die du magst? Was magst du an dir und was an den anderen? Welche Beürfnisse werden hier erfüllt? Darin kannst du viel über dich lernen.
Hänge diese Beziehungslandkarte am besten an einem gut sichtbaren Ort auf. Mache dir Notizen bei der Reflexion und wiederhole diese einmal im Monat. Damit kannst du dir mehr und mehr bewusst werden und deinen Spielraum ausbauen, selbst zu verändern.
Und bitte verurteile dich nicht, wenn dir klar wird, wie wenig deine Beziehungen deinem Wunsch entsprechen. Es liegt nicht an deinem Wert als Mensch. Es liegt vielleicht an deinen Kompetenzen und die sind veränderbar. Es liegt sicher auch an den Kompetenzen der anderen und daran, dass wir alle das nicht wirklich gut gelernt haben…
Was du liest spricht dich an? Kontaktiere mich gern, wenn du Fragen hast oder dir Begleitung wünscht. Du bist willkommen.
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